Kapitel 1: Plötzlich Patient
„Tja, Herr Meyer, das müssen wir mal in der Orthopädischen Klinik genauer checken lassen. Bei mir hier in der Praxis geht das nicht.“ Ich schrecke auf. Was sollte jetzt auf einmal anders sein? Ich hatte doch schon seit Jahren Plattfüße. Und auch seit Jahren hatte ich schon beim Joggen immer mal wieder Schmerzen im Fußgelenk, die dann ins Schienbein zogen. Ein Problem, das man durch mehr Stretching beheben kann. Hatte mir zumindest ein erfahrener Jogger geraten. Und jetzt soll ich auf einmal in der Ambulanz etwas checken lassen?! Noch während ich darüber nachdenke, reicht mir die Orthopädin die Überweisung. Das Wortwirrwarr kann ich nicht entziffern. Aber ich lese verdutzt, dass die Untersuchung drei Tage dauern soll. „Ich habe grad schon mal in der Klinik anrufen lassen. Die haben morgen früh überraschend einen Termin frei. Da können Sie dann sofort hin, Herr Meyer.“ Das war jetzt sehr plötzlich. Noch vor dem Urlaub in zehn Tagen. „Es ist aber grad auf der Arbeit schlecht“, versuche ich zu intervenieren. Doch dieses Argument zählte natürlich nicht. „Wenn wir danach gehen, dann können Sie wohl nie in die Klink...“ lachte die Orthopädin mich aus. „Kommen Sie dann bitte in einer Woche mit dem genauen Befund in die Sprechstunde, damit ich dann weiter behandeln kann. Ihr Termin ist übrigens morgen früh um 8 Uhr.“
Ärgerlich und niedergeschlagen gehe ich nach Hause. Zunächst einmal auf der Arbeit für die nächsten drei Tage krank melden. Bescheinigung wird nachgereicht. Abends ermunterte Diana, eine gute Freundin, mich, die Untersuchung auf jeden Fall machen zu lassen, da ich doch schon so lange Ärger mit meinem Fuß hatte.
Am nächsten Morgen klingelt schon um 6 Uhr der Wecker. Ich frühstücke noch schnell und dann geht es mit einem mulmigen Gefühl in die Klinik.
Ärgerlich und niedergeschlagen gehe ich nach Hause. Zunächst einmal auf der Arbeit für die nächsten drei Tage krank melden. Bescheinigung wird nachgereicht. Abends ermunterte Diana, eine gute Freundin, mich, die Untersuchung auf jeden Fall machen zu lassen, da ich doch schon so lange Ärger mit meinem Fuß hatte.
Am nächsten Morgen klingelt schon um 6 Uhr der Wecker. Ich frühstücke noch schnell und dann geht es mit einem mulmigen Gefühl in die Klinik.
Dann muss ich erst mal zur Aufnahme die Formalitäten abwickeln. Ich gebe meine Überweisung ab. Der recht unfreundlichen Mitarbeiterin muss ich nach und nach alle Angaben machen: Name, Geburtsdatum, Krankenkasse, Vorerkrankungen...
„Bitte gehen Sie noch ins Wartezimmer!“ weist die Schwester mich an. Ich gehe in ein typisches Krankenhaus-Wartezimmer. Ein paar grüne Blumen, orangefarbene Plastikstühle, einige wartende Patienten. Auf einem Stuhl sitzt ein etwa 20-jähriges Mädchen mit einem Oberschenkelgips. Ihr Bein ist von den Zehen bis zum hohen Oberschenkel eingegipst und liegt auf einem zweiten Stuhl. „Hallo“, empfängt sie mich, als wenn nichts wäre. „Musst Du auch in die Ambulanz?“ „Ja,“ antworte ich, „ich hab Probleme mit meinem Fußgelenk und soll deshalb mal richtig auf den Kopf gestellt werden. Aber was hast Du denn mit Deinem Bein gemacht. Das ist aber ein ziemlich dicker Gips.“ „Ich war gestern Abend Basketball spielen. Und da gab es halt eine kleine Kollision. Ja und jetzt kann ich erst mal zwei Monate mit diesem Gips durch die Gegend humpeln. Ich habe mir nämlich den Unterschenkel und drei Mittelfußknochen gebrochen. Der Gips ist zwar total schwer, aber noch die reinste Wohltat, wenn ich an die Schmerzen denke, die ich heute Nacht hatte. Ich bin übrigens die Meli.“ lächelt das Mädchen tapfer. Ich habe Mitleid mit Meli. Es macht mich total an, wenn sie unter dem Netzverband ihre Zehen bewegt. Aber was wird aus mir?
Inzwischen fällt mir auf, dass relativ viele Patienten einen Gipsverband tragen. Mir wird mulmig. Sollte es mich auch erwischen? Gegenüber sitzt eine etwa 30jährige, attraktive Frau mit ihrer Freundin. Sie trägt keinen Gips. Aber die Gesprächsfetzen, die zu mir rüber dringen, sind eindeutig: „…scheiß Entzündung… alles nichts gebracht… Oberarmgips… wochenlang nicht Auto fahren... bei dem Wetter… Urlaub…“
„Herr Meyer, bitte in Raum 3.“ Erklingt plötzlich die Lautsprecherstimme. Ich gehe hinein und werde dort von einer Krankenschwester begrüßt. „Guten Morgen, ich bin Schwester Annett. Wir werden Sie gleich erst mal röntgen. Bitte ziehen sie sich bis auf die Unterhose aus. Ich mache mich also fertig zum Röntgen und gehe mit rüber in den Raum. Dann werde ich tatsächlich komplett durchgeröntgt. Beide Arme, Hände, Beine und Füße kommen nach und nach dran. Immer wieder werden die Körperteile in neue Positionen gedreht. Teilweise ist das ganz schön schmerzhaft. Schwester Annett ist teilweise ganz schön ruppig. Die Auflagefläche ist außerdem sehr kalt. Ich frage mich außerdem verunsichert, was das eigentlich alles soll. Nach einer gefühlten halben Stunde bin ich endlich fertig. Dann geht es wieder zurück in Raum 3. Jetzt steht noch eine umfangreiche Blutabnahme an. 4 Ampullen werden abgefüllt und auf ein Tablett mit der Aufschrift „Labor“ gelegt. Dann darf ich mich wieder anziehen, inzwischen ist es halb zehn.
Es geht zurück ins Wartezimmer. Und da muss ich tatsächlich lange warten. Erst um viertel nach zehn werde ich ins Arztzimmer gerufen. Ich nehme vor dem Schreibtisch Platz und schaue mich um. Der Arzt ist nämlich noch nicht da. Man merkt schon sehr deutlich, dass wir in einer orthopädischen Abteilung sind: Modelle von Fuß und Arm, ein Wirbelsäulenmodell, im Regal Modelle von Extensionen, Bücher über orthopädische Behandlungen. Dann geht die Tür auf. Wortlos geht Schwester Annett zum Sichtgerät und hängt eine ganze Palette von Röntgenbildern auf. Meine Bilder. Ich rutsche nervös hin und her. Was kommt gleich für eine Diagnose?
Nach endlosen Minuten kommt endlich eine Ärztin herein. „Guten Tag, ich bin Frau Doktor Kammann“, begrüßt sie mich und gibt mir ohne besondere Aufmerksamkeit die Hand.
„Ich stelle Ihnen jetzt einige Fragen: Welche Schmerzen haben Sie beim Joggen?“
„Das ist ein ziehender Schmerz, der sich vom Fußgelenk das Schienbein hochzieht!“
„Müssen Sie dann irgendwann stehen bleiben?“
„Ja, fast immer“
„Haben Sie die Schmerzen auch beim normalen Laufen?“
„Inzwischen immer mal wieder, ja.“ Meine Stimme zittert inzwischen. Ich fühle mich ertappt.
„Tragen Sie die Einlagen regelmäßig?“
„Ähhmm – so jeden zweiten Tag.“
„Na dann schreiben wir mal ‚jeden dritten Tag’. Die meisten Patienten schwindeln sowieso. Ist der Schmerz in beiden Beinen gleich?“
„Nein, rechts ist es stärker.“
„Haben Sie Probleme in den Händen?“
„Nein, eigentlich nicht. – Moment, manchmal ein Taubheitsgefühl, wenn ich länger mit Werkzeug gearbeitet habe oder den Fahrradlenker gehalten habe.“
„Na, dann werden wir uns das auch mal genauer ansehen.“
Frua Dr. Kamman steht auf und geht zum Röntgen-Sichtgerät. Schier endlose Minuten lang sichtet sie die Fotos. „Herr Meyer, Sie haben wahrscheinlich eine Knochenentzündung. Das kann passieren, wenn man so starke Fehlstellungen hat wie Sie. Ich sehe hier einige dunkle Flecken auf den Knochen. Aber genaueres kann ich erst sagen, wenn wir die Blutergebnisse haben. Schwester Annett wird Sie gleich auf Ihr Zimmer bringen. „Wie wird so eine Entzündung denn behandelt?“ frage ich ängstlich. Frau Dr. Kammann zuckt mit den Schultern: „Grundsätzlich ist das einiges möglich. Da kann ich erst was genaueres zu sagen, wenn ich mich auch mit den Kollegen besprochen habe. Sie sind ja sowieso noch ein paar Tage bei uns. Da werden Sie schon alles früh genug erfahren.“
Toll, diese Antwort hat mich jetzt nicht gerade beruhigt. Alles ist möglich, keine konkrete Antwort. Und ein „paar“ Tage dableiben ist auch nicht sehr konkret. Hoffentlich sind es tatsächlich nur drei Tage, so wie vereinbart.
Dann kommt Schwester Annett wieder herein. Ich nehme mein kleines Köfferchen und gehe auf sie zu. Erst da sehe ich, dass sie einen typischen Krankenhaus-Rollstuhl mit hoher Lehne vor sich herschiebt. Der wird doch nicht etwa für mich… „Herr Meyer, bitte nehmen Sie Platz!“ unterbricht ihr Satz meine Gedanken.
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